Katholische öffentliche Bücherei (KÖB)


 

Von damals bis heute

  Was für uns heute selbstverständlich ist – das Ausleihen von Büchern ohne Beschränkungen hinsichtlich des Inhalts der Werke – war nicht immer so. In der wechselvollen Geschichte unserer Bibliothek spiegeln sich auch gesellschaftliche Umbrüche wider.

  Das genaue Gründungsdatum unserer Bücherei ist nicht zu ermitteln. In der Chronik der Gemeinde Heilige Familie wird im Jahre 1906 erwähnt, dass durch Curatus Langer „zur Verbreitung guter Lektüre die St. Borromaeus-Pfarrbibliothek ins Leben“ gerufen wurde. Das meinte zur damaligen Zeit in erster Linie belehrende und erbauende Literatur, ganz im Sinne der Bestrebungen in vielen nichtkonfessionellen öffentlichen Bibliotheken, die den Bibliothekar als pädagogische Instanz zur Bildung der Leser verstanden.

  Im Laufe der Zeit wuchsen der Bestand, die Leser- wie auch die Ausleihzahlen der Pfarrbücherei kontinuierlich an. So wurden beispielsweise im Rekordjahr 1919 von 1.050 Lesern über 12.800 Bücher entliehen. Bei einem Vergleich der nackten Zahlen mit unseren heutigen Angaben (2011 hatten wir 157 Leser und 1.251 Entleihungen) wirken diese historischen Werte sehr beeindruckend. Allerdings sollten dabei auch das gesellschaftliche Umfeld und insbesondere die kulturellen wie auch finanziellen Möglichkeiten der Leser der damaligen Zeit berücksichtigt werden.

  Nach Fertigstellung unserer Pfarrkirche bezog unsere Bücherei den Raum unter der Sakristei, den heutigen Jugendkeller. Dort war sie allerdings nur mangelhaft untergebracht, die Bücher litten unter der Feuchtigkeit, und auch der Publikumsverkehr ging zurück. Der Pfarrchronik zufolge zog sie daher 1933 in den Anbau zum Pfarrsaal und vermutlich nach einiger Zeit in das Gemeindehaus. Nur fünf Jahre später schließlich erfolgte ein weiterer Umzug. Um Platz für einen Unterrichtsraum zu machen, wechselte unsere Bücherei erneut die Räumlichkeiten. Während an ihrer alten Stelle vermutlich das Konferenzzimmer entstand, richtete sich unsere Pfarrbücherei 1938 in einem Ladengeschäft in der Wichertstraße ein – und dort sind wir auch heute noch zu finden.

  Im Laufe der Zeit wuchs unsere Bücherei und etablierte sich fest im Gemeindeleben. 1941 jedoch mussten auf Befehl der Gestapo alle Bücher nichtreligiösen Inhalts aus dem Bestand entfernt werden und durften nicht mehr ausgeliehen werden. Das bedeutete für unsere Pfarrbücherei, dass von 2.380 Bänden nur noch 1.187 Bücher für unsere Leser zugänglich blieben. Diese Maßnahme betraf übrigens alle unabhängigen kirchlichen Bibliotheken, deren Einflussbereich auf diese Art und Weise von den Nationalsozialisten beschnitten werden sollte. Die zudem 1944 verfügte Auflösung des Borromäusvereins konnte aufgrund der Kriegswirren dann allerdings nicht mehr vollzogen werden.

  Der Krieg selbst verursachte zum Glück keine größeren Schäden in unserer Bücherei, wenn man von den 1943 durch Luftdruck zerstörten Schaufensterscheiben absieht. Zwischenzeitlich im Pfarrbüro untergebracht, kehrte unsere Bibliothek 1945 wieder an ihre alte Stelle in der Wichertstraße 22 zurück. Der Ladenraum wurde im folgenden Jahr aber auch von einer städtischen Bezugsscheinstelle für Lebensmittelkarten mitgenutzt.

  Über die Arbeit unserer Bücherei zu DDR-Zeiten ist leider relativ wenig bekannt. Woran sich Zeitzeugen erinnern ist, dass damals viele Kinder Nutzer der Bibliothek waren und dass die Bücherei – anders als heute – auch samstags Nachmittag zur Beichtzeit geöffnet war. Statistische Angaben über den Buchbestand, die Leseranzahl und dergleichen gibt es jedoch nicht. Weder wurde ein Zugangsbuch geführt noch gab es eine Leserkartei, da alles nur für den „innerkirchlichen Gebrauch“ war. Und das aus gutem Grund. Auf diese Weise wollte man mögliche Schwierigkeiten mit der Staatssicherheit von der Bücherei und ihren Nutzern fernhalten. Schließlich gab es auch zu DDR-Zeiten in unserer Bücherei neuere Bücher aus westdeutschen Verlagen.

  Bis zum Mauerbau 1961 wurde die Möglichkeit genutzt, regelmäßig aus der Fachstelle in der Brunnenstraße Pakete mit Büchern von Westverlagen für den eigenen Bestand abzuholen. Später dann war es maßgeblich der Diözesanbüchereileiterin Renate Kaliner zu verdanken, dass unsere Bücherei weiterhin begehrte Bücher von Verlagen aus der Bundesrepublik erhalten konnte. Sie schmuggelte oftmals bei Besuchen im Ostteil der Stadt diese verbotene Literatur unter ihrer Kleidung verborgen über die gut bewachte Staatgrenze.

  In der Mitte der 80er Jahre wurde unsere Pfarrbücherei vorübergehend geschlossen, wurde aber schon am 5. März 1989 von drei Jugendlichen aus unserer Kirchengemeinde wieder eröffnet. Begünstigt durch die zwischenzeitlichen politischen Veränderungen erfuhr unser Büchereiraum im Juli 1990 eine große Renovierung, nach der auch der Eingang von der Straße wieder genutzt werden konnte. So wurde aus der innerkirchlichen Einrichtung wieder eine öffentliche, die sowohl katholische als auch konfessionslose Leserinnen und Leser betreut. Seit diesem Zeitpunkt heißen wir Katholische öffentliche Bücherei (KÖB) und sind damit die Ersten auf dem Gebiet der ehemaligen DDR gewesen.

  Gut bekannt ist den Gemeindemitgliedern sicher auch die Büchereizeitung „DIE LESERATTE“, die – nunmehr im Pfarrbrief integriert – seit 1989 über aktuelle Neuerwerbungen informiert. Auch die einmal im Jahr stattfindende Weihnachtsbuchausstellung haben wohl die meisten schon einmal besucht. Und wer über uns Bücher zum Kauf bestellt hat, hat damit dazu beigetragen, Mittel für den Neuerwerb von Büchern zu erwirtschaften. Schließlich sei noch erwähnt, dass wir auch beim Ökumenischen Straßenfest regelmäßig einen Stand haben, an dem man uns kennen lernen oder ausgesonderte Bücher günstig erwerben kann.

  Wer bis jetzt noch nicht bei uns hereingeschaut hat oder dies gerne mal wieder tun möchte, hat jeden Donnerstag von 15.00 bis 18.00 Uhr und jeden Sonntag von 9.30 bis 12.30 Uhr Gelegenheit dazu. Wir freuen uns auf Ihren Besuch.

 Ihr KÖB-Team

 

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